Gehret-Anwesen muss weichen

Der Beitrag in der Lokalzeitung „Der neue Tag“ weist in seinem Untertitel „Rund 20 besorgte Vohenstraußer kritisieren geplanten Neubau am Marktplatz“ auf die neue Filiale der Volksbank hin, „das ortsbildprägende Gebäude soll … einer Allerweltsarchitektur geopfert werden“.

Eine größere Zahl von Bürgern der Stadt Vohenstrauß („deren Namen der Redaktion bekannt sind“) ist unzufrieden, wie mit dem Ersatzbau des in der Denkmalliste eingetragenen Anwesens „Marktplatz 28“ (Weißbäcker/Wirtsbeck/Gehret) umgegangen werden soll.

Dazu einige Bemerkungen meinerseits als Kreisheimatpfleger:

In der Denkmalliste des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege ist das Anwesen eingetragen (und noch nicht gelöscht, siehe Internet) als „Eckhaus, mit Halbwalm und Fenstereinfassungen aus Granit, 1. Hälfte 19. Jh., im Kern 18. Jh.“

Die Erlaubnis zum Abbruch wurde durch das Landratsamt Neustadt an der Waldnaab als sachlich und örtlich zuständiger Behörde im November 2005 erteilt. Der Kreisheimatpfleger und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege wurden seitens des Landratsamtes am Erlaubnisverfahren beteiligt und zum Antragsinhalt gehört. Der zuständige Referent des Landesamtes für Denkmalpflege war aufgrund seiner Untersuchungen im November 2005 zu folgender Stellungnahme gekommen: „Aufgrund der Begehung ist ein Abbruch aus denkmalfachlicher Sicht strikt abzulehnen … Insgesamt steht zu befürchten, dass ein erfolgreicher Abbruchantrag eines potentiellen Antragstellers zu ähnlichen Nachahmerprojekten im Stadtensemble führen wird.“ Diese Befürchtung war nicht abwegig, wenn man den Umgang des Stadtrats mit seiner von ihm selbst in Auftrag gegebenen Gestaltungssatzung vom Jahr 1995 zum Vergleich heranzieht. Ein Aufschrei der besorgten Vohenstraußer Bürger war weder namentlich noch öffentlich damals zu vernehmen.

Die Denkmalpflege hatte eine entscheidende Niederlage hinnehmen müssen, nicht zum ersten Mal in Vohenstrauß, siehe ehemaliges Elektrizitätswerk/Wannenbad beim Friedhof.

Nun steht zu befürchten, dass durch den Neubau das Stadtbild im Marktplatzbereich erheblich beeinträchtigt wird.

Die in den jetzigen Geschäftsräumen der Volksbank ausgestellte Neubauplanung des Architekturbüros weber + würschinger nimmt wenig Rücksicht auf die Gestaltungssatzung der Stadt Vohenstrauß: „… ortstypische Dachformen wie z.B. das Walmdach, Krüppelwalmdach … sollten erhalten bzw. wieder hergestellt werden“.

Die Gliederungselemente der zeit- und landschaftstypischen Bürgerhäuser, die den langgezogenen abfallenden Stadtplatz umgeben, bestehen aus dem heimischen Granit im Bereich der Traufe, der Fenster und Türgewände und der Sockelausbildung. Bauweise und Detailgestaltung entsprechen den damals vorherrschenden klassizistischen architektur- und städtebaulichen Vorstellungen. (Stellungnahme des Referenten des Landesamtes für Denkmalpflege)

Nachdem schon einmal ein Stadtbild prägendes Gebäude („Kronprinz“) durch einen untypischen Neubau ersetzt worden ist, muss im Altstadtbereich mit größter Sensibilität vorgegangen werden, um eine weitere denkmalpflegerische Abwertung zu vermeiden. Die Erhaltung des denkmalgeschützten Gehret-Anwesens war nicht möglich, denn es „müsse wirtschaftlich gehandelt werden“ (Der neue Tag). Auch die historische Kelleranlage (Streifzüge des Heimatk. Arbeitskreises 10/1990, S. 26) wird aus wirtschaftlichen Gründen höchstwahrscheinlich geopfert werden.

Zumindest bei der Neubauplanung sollte es aber möglich sein, auf die Gestaltungssatzung der Stadt Vohenstrauß und die Stellungnahmen des Landesamtes für Denkmalpflege und die der Kreisheimatpfleger Rücksicht zu nehmen. Herr Zobel (Stadtbau Amberg) „kann die Aufregung nicht verstehen.“ Sämtliche Vorkehrungen seien getroffen worden, die für eine behutsame Neugestaltung notwendig gewesen seien. Warum dann die untypischen, überdimensionierten Fenster im Obergeschoss, die unruhige Gestaltung im rechten Erdgeschossbereich. Will man hier die schon vorhandene Bausünde weiter kultivieren? In der Fortsetzung der Pleysteiner Straße kann dies in der Form des geplanten Kubus sehr reizvoll sein. Vor allem frage ich mich, warum der Verzicht auf die – vor allem im Bereich von Straßeneinmündungen – landschaftstypischen Krüppelwalme geschehen ist.

Erfreulich ist die Bereitschaft der Verantwortlichen der Volksbank, sich mit dem Heimatkundlichen Arbeitskreis zusammenzusetzen. Vielleicht ergeben sich noch Möglichkeiten, das typische – im Klassizismus verwurzelte – Stadtbild soweit wie möglich zu erhalten.

Über peter.staniczek

Kreisheimatpfleger im Landkreis Neustadt an der Waldnaab
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