„Herzlichen Glückwunsch, Thomasgschießer“

Bayerns lustigster Ortsname war gesucht worden und Thomasgschieß wurde von den Zuschauern der Sendung des BR „Wir in Bayern“ zum Sieger gewählt. Auf den Plätzen landeten Pumpernudel und Katzenhirn. „Zur Feier des Tages wird kräftig geodelt.“ Die Moderatoren schütteln sich vor Lachen.

Thomasgschieß (Foto P. Staniczek)
Thomasgschieß auf ebenem Weg von Bruckhof (Foto: Peter Staniczek)

Natürlich stellt sich die Frage nach der Bedeutung des Ortsnamens Thomasgschieß.

Dazu befragte man zunächst die Ortsbewohner des Ortsteils der Gemeinde Eslarn (Landkreis Neustadt/Waldnaab). Sogar Jesus wird bemüht, der, als er einen Hirsch sieht, gerufen haben soll: „Thomas schieß!“
Der Bürgermeister von Eslarn hat eine andere Erklärung, die er wohl dem „Heimatbuch Eslarn“ von Josef Hanauer (2. Auflage, 1990) entnommen hat. Bei Hanauer heißt es:

    Gelegentlich wurde das Wort „Thomasgschieß“ aus dem Slawischen abgeleitet; es wird als „Thomaskreuz“ gedeutet. Aber es liegt kein Grund vor, auf das Slawische zurückzugreifen; denn „schieß“ ist deutscher Herkunft und bedeutet so viel wie „abschüssige Stelle“.

Der Bürgermeister ergänzt: Man konnte nur bergab in den Ort gelangen.
Dem widerspricht der Zugang von Bruckhof aus, der recht eben nach Thomasgschieß führt.
Fast alle Orte im Oberpfälzer Wald haben eine so genannte Ökotopengrenzlage (Hansjörg Küster, Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa, München 1996, S. 177) am halben Hang, d. h. unterhalb zum Wasser im Tal die Wiesen, oberhalb die Äcker. Die Abschüssigkeit ist fast überall gegeben.

In Archiv von BR-online finden Sie Erklärungen von Dr. Wolf Armin v. Reitzenstein zu mehreren Ortsnamen.
Reitzenstein stellt eine Analogie zu einem Ort im Landkreis Cham her, nämlich dem Ort „Gschieß“. Dieser Name gehe auf ein mhd. Wort zurück und sei die Bezeichnung für die Giebelseite eines Gebäudes. Eine Gebäudeform, die also dazu geführt habe, dass man die Siedlung danach benannt habe. Hier sei der Besitzer namens Thomas vorangestellt worden, der den Ort besessen hat.

Leider habe ich die Bezeichnung Gschieß als Giebelform eines Gebäudes bisher außer bei Reitzenstein nur einmal im Internet gefunden: „Dabei stammt Gschieß vom mittelhochdeutschen Wort geschiez (Giebelseite eines Gebäudes) ab.“
Ich kann mir darunter nichts Rechtes vorstellen. Weder in Thomasgschieß noch in Trasgschieß (Stadt Vohenstrauß, Waldau) ist mir in dieser Hinsicht etwas Besonderes aufgefallen. Thomas als Besitzer eines Gebäudes mit besonderer Giebelform?

Hat der Thomas etwa gar „a Gschieß gmacht“? Martina Schwarzmann erklärt auf YouTube wie „Gschieß macha“ abläuft:

Schlagen wir im Historischen Atlas von Dieter Bernd (München 1977) nach, finden wir einige Angaben zu dem Ort Thomasgschieß:

    Nach einer Beschreibung von 1596 umfasste das Pflegamt Pleystein folgende Ortschaften: …Burkhardsrieth, …Lohma, …Pfrentsch, …Thomasgschieß, …
    Ein Zinsregister von 1454 lässt erstmals im Zusammenhang die mit der Grundherrschaft zum Pflegamt Pleystein gehörenden Besitzungen sowie die Zehntrechte dieses Amtes erkennen: … als öd und verlassen werden die Ortschaften Braunetsrieth, Hagendorf, Lohma, Reinhardsrieth, Spielhof, Thomasgschieß und Weißenstein bezeichnet.
    Aus einem Salbuch des Amtes Pleystein von 1560 wird die Wiederaufbautätigkeit in den folgenden hundert Jahren sichtbar: …Thomasgschieß ist öd,; es soll auf 2 Höfe wieder erbaut werden.

Interessant wird es, wenn wir uns im Historischen Atlas dem Ortsnamen Trasgschieß zuwenden:

    Als Ulrich von Waldau zu Waldau seinen Söhnen 1483 einen Teil seiner Güter überließ, sind Besitzungen in den … zur Herrschaft gehörenden Ortschaften … Trasgschieß (Dresgesies) … genannt.

„Dresgesis“ klingt nach „Gesess“. Im ältesten Leuchtenberger Lehenbuch werden die Besitzverhältnisse für die Zeit vor 1396 angesprochen. Es gab Güter, Lehen und ein „gesess zu Dressenveld mit seiner Zugehörung“, ein Herrensitz, auf dem Heinrich von Dressenvelt „gesessen“ hat. (Quelle: Karl Ochantel, Der Burgstall Tresenfeld, in 60 Jahre Oberpfälzer Waldverein Vohenstrauß, 1985, s. 118)

Gesess, Gesis, Gschieß – meiner Meinung nach die logischste Bedeutungsableitung:
Thomasgschieß wurde benannt nach dem Herrensitz (Gesess) des Thomas, der den Ort wohl gründete und besessen hat.

Über peter.staniczek

Kreisheimatpfleger im Landkreis Neustadt an der Waldnaab
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