Zeugnisse heimischen Brauchtums

Peter Staniczek berichtete über Totenbretter – Kleinodien ins Bewusstsein gerückt – Kirchsteig

Oberviechtach-Langau. (lg) Wenn sich die Ortsbewohner von Mitterlangau oder Oberlangau früher auf den Weg zur Kirche nach Pullenried machten, dann hatte jedes der Dörfer seinen Kirchsteig, der meist ziemlich gerade durch den Wald in das Pfarrdorf führte. Bei der Erschließung des Goldlehrpfads wurden auch diese traditionellen Verbindungen der beiden Langauer Ortschaften in Teilstücken markiert und in das Wanderwegenetz einbezogen.
Der offizielle „Jungfern-Marsch“ auf diesem rund vier Kilometer langen Falzbach-Weg erfolgte am vergangenen Sonntag (16. Mai 2010) durch eine Wandergruppe mit Bürgermeister Heinz Weigl und Wolfgang Ruhland an der Spitze. Letzterer hat sich bei der Erschließung dieser Wanderwege besonders verdient gemacht und konnte somit auf markante Punkte der Route aufmerksam machen.

Totenbretter bei Oberlangau, Foto: Georg Lang, Oberviechtach
Totenbretter bei Oberlangau, Foto: Georg Lang, Oberviechtach

Den historischen Part bei der Wanderführung übernahm der Kreisheimatpfleger aus Vohenstrauß, Peter Staniczek, der die Langau wie seine Westentasche kennt. Das hängt damit zusammen, dass er als Kreisheimatpfleger im benachbarten Landkreis Neustadt an der Waldnaab bei Zeiten seine Fühler auch in das Oberviechtacher Stadtgebiet hereinstreckte und besonders Kleindenkmäler wie Feldkreuze, Marterl und Totenbretter unter die Lupe nahm. Die Teilnehmer der „Jungfern-Wanderung“ kamen aus den Staunen nicht heraus, welche Vielzahl an solchen religiösen Zeugnissen die Kirchwege nach Pullenried säumen.

Bildstock mit Gusskreuz am Mitterlangauer Kirchsteig, Foto Georg Lang, Oberviechtach
Bildstock mit Gusskreuz am Mitterlangauer Kirchsteig, Foto Georg Lang, Oberviechtach

Ziel der Wanderung, die ein Stück weit am romantischen Falzbach mit seinem klaren Wasser entlangführte, waren die Totenbretter von Oberlangau, die am Waldrand beim Röslohbach bzw. Falzbach zusammengefasst sind. Hier sind ganz neue Totenbretter im Gedenken an jüngst verstorbene Oberlangauer aufgestellt, aber es sind auch schon völlig vermoderte Bretter zu sehen, die vom Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts stammen. Auf diesen wurden wohl noch Verstorbene aufgebahrt, bevor man sie auf der Route des besagten Kirchsteigs mit einem Gespann zum Pullenrieder Friedhof brachte. Mit der Errichtung eines Leichenhauses in Pullenried hörte dieser Brauch aber auf.

Totenbretter der Fam. Herrmann und Zach bei Oberlangau, Foto: Georg Lang, Oberviechtach
Totenbretter der Fam. Herrmann und Zach bei Oberlangau, Foto: Georg Lang, Oberviechtach

Ursprünglich waren es die Totenbretter der Familien Herrmann (Röisl) und Zach (Deierl), wusste Peter Staniczek zu berichten, der einst alle Flurdenkmäler der benachbarten Gemeinde Eslarn erfasst hatte. Die Oberlangauer Totenbretter sind waagrecht an Bäumen oder Gerüsten angebracht; sie sind schmucklos und weisen ein einfaches Kreuz in der Mitte auf. Links davon sind die Daten des Verstorbenen festgehalten, rechts vom Kreuz ist ein Spruch aufgemalt. Weiter südlich, z.B. schon bei der vier Kilometer entfernten Neumühle, sind die Totenbretter stehend platziert.

Der Brauch wird heute noch vielerorts in Ostbayern als Gedenken an die verstorbenen Angehörigen gepflegt. Früher dienten die Bretter aber der Aufbahrung des Verstorbenen im Trauerhaus, bevor der Leichnam zum Friedhof gebracht wurde. Das Totenbrett selber sollte vermodern, eine Erneuerung oder besondere Pflege desselben war nicht vorgesehen, denn so lange das Brett existierte, konnte die Fegefeuer-Zeit des Verstorbenen dauern. Um den Vermoderungsprozess zu beschleunigen wurden die Bretter zum Überqueren eines Grabens benutzt. Dabei gedachte man aber immer des Verstorbenen mit einem Gebet und verringerte somit die Dauer des Fegefeuers.

Bildstock mit Gusskreuz und Totenbrettern am Mitterlangauer Kirchsteig, Foto Peter Staniczek, 1984
Bildstock mit Gusskreuz und Totenbrettern am Mitterlangauer Kirchsteig, Foto Peter Staniczek, 1984

Wegbeschreibung
Die Oberlangauer Totenbretter-Gruppe kann leicht mit dem Auto erreicht werden und als Ausgangspunkt für eine Wanderung genutzt werden. Man muss etwa auf halber Strecke zwischen Mitterlangau und Oberlangau links in einen Wirtschaftsweg abbiegen, der schnurgerade zum Waldrand führt. Dort sind die Totenbretter mit einer Info-Tafel angebracht. Vor hier führt auch eine gut sichtbare Markierung auf dem Kirchsteig zu dem kleinen Falzbach, der in etwa 200 Metern mit seinem braunen Kiesbett auftaucht. Unterhalb der Totenbrettergruppe vereinigt sich der Falzbach mit dem ebenso schmalen Rösllohbach und beide münden dann noch vor Mitterlangau in die Murach, die hier allerdings auch erst ein bescheidenes Bächlein ist. (lg = Georg Lang, Oberviechtach)

Über peter.staniczek

Kreisheimatpfleger im Landkreis Neustadt an der Waldnaab
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